In Übersetzungen von
Die Sonne sengt mit Strahlen
ohne Gnaden
Das dunstumflorte stoppelgelbe
Land.
Der blauen Wölbung
sommerlicher Brand
Läßt sich herab in schweren
Hitzeschwaden.
Kein Blatt regt sich. Von
Schwüle wie beladen
Schmachtet, was lebt, in
dumpfen Schlaf gebannt,
Die Stille, die wie Angst fast
übermannt,
Stört nur das schrille Zirpen
der Zikaden.
Auf grünem Gras, in Waldes
Schattenlust
Hab’ ich aus Blumen frisch den
Pfühl bereitet,
Wo du gelösten Kleides
schlummernd ruhst.
Und ich, zu dir im Kühlen
hingebreitet,
Berausche mich im Anschaun
deiner Brust,
Die, eine Welle, auf- und
niedergleitet.
Nacht
Unheimliche Magie der tiefen
Nacht
Verstört mein Hirn,
durchströmt mir die Tunnele
Des Bluts. Ein Hauch geht über
meine Seele,
Ein kalter Hauch mit Schauderns
Übermacht.
Im Freien hört das Ohr, das
spähend wacht,
Seltsam Geraun, und Grauen
schnürt die Kehle;
Doch in den Häusern fronen dem
Befehle
Des Schlafs die Menschen, der
vergessen macht.
Nur fern, aus Straßendunkel
hergewendet,
Vorhanggedämpft ist wo ein
Licht entfacht,
Das stillen, matten Schein
herübersendet.
Beleuchtet dieses Lichtes
späte Wacht
Den wilden Krampf, in dem ein
Leben endet,
Oder den Taumel einer
Liebesnacht?
Sommerliebe
Wir liebten uns, als blauer
Lüfte Schweigen
Und Sonnenglut auf blonden
Ähren lag.
Die Eichen schatteten mit
breiten Zweigen,
Wo deine Lust bacchantisch
meiner pflag.
Die süßen Schwüre, die
Verliebten eigen,
Die heitern Künste, die Begier
vermag,
Was andere verschweigen und
nicht zeigen,
Vertrauten wir dem flammenhellen
Tag.
Und dann ward Herbst. In
langen Zügen kehrten
Die Raben wieder, und auf
trauten Fährten
Tu’ ich nun einsam manchen
Waldesgang.
Die Eichenblätter, die der
Frost versehrte,
Fallen im Wind. – Ach deine
Liebe währte
Nur einen Sommer, einen Sommer
lang.
Idol
Wie ein Erinnern, das schon
fast dahin,
Wie frühes Trachten, von der
Zeit beschwichtet,
Wie eine Leidenschaft, die
längst geschlichtet,
So tratest du im Traum vor
meinen Sinn.
Und gabst dem Blut, daß ich
von neuem bin,
Dem Herzen Glut, die wandelt
und verrichtet,
Und hast der Hoffnung wieder
mich verpflichtet,
Der Totgeglaubten, der
Verführerin.
Um deineswillen könnte sich
erheben
Der Geist vom Faulbett, wo ich
ihn vertan,
Und lauschen deiner Schritte
Näherschweben.
Für dich erwüchs’ mir wieder
Kraft und Plan,
Dem Werke mich, dem Leben
hinzugeben –
Du aber gehst und siehest mich
nicht an.
An ein blindes Mädchen
O sei nicht traurig, liebes
Angesicht,
Weil dir verwehrt ist, unsre
Welt zu schauen;
So hold, wie deine Träume sie
erbauen,
So heiter, arme Blinde, ist
sie nicht!
Der freche Hohn, der uns aus
Augen sticht,
Das geile Tier im Schatten
unsrer Brauen,
Der Roheit und Verderbnis
ganzes Grauen
Verging für dich mit deinem
Augenlicht.
Vergiß die Gaukelbilder, die
du träumst!
Bewein den Anblick nicht, den
du versäumst!
Wer an die Schönheit glaubt,
ist wahnbesessen.
In Grases Grün und Blühens
Tausendfalt
Birgt sich der Kröte ekle
Mißgestalt –
Glücklich die Augen, die das
Licht vergessen!
Tristitia
Die Traurigkeit entfaltet
ihren Fächer,
Beschattend alle Gegend weit
und breit;
Die Welt geht ein in große
Müdigkeit,
Der Wind steht still, der Tag
wird immer schwächer.
Und durch des himmels
dämmernde Gemächer
Sinkt leises Weiß herab. O, wie
es schneit!
Als bettete den Flügel
ruhbereit
der müde Schnee auf Straßen
und auf Dächer.
Kaum eine Stunde, und schon
träumt den Traum
Des Tods die stadt, gehüllt in
bleichen Flaum,
Der unaufhörlich lautlos
niedertastet.
Doch du, mein Herz, wie lang schon
ist das her,
Daß, wie der Marmor eines
Grabes schwer,
Auf dir die große stumme Kälte
lastet?
Zwiegespräch
Nie bist du fröhlich, sprach
die Liebste mein,
Nie sah ich dich von Andacht
fromm beseelt.
Was ist es, das dein Blick so
tief verhehlt?
Warum dein Lachen kalt und
hart wie Stein?
In dieses blonde Köpfchen,
fiel ich ein,
Hat nie der Zweifel grausam
sich verfehlt;
Doch ich hohnlache über diese
Welt
Seit meiner ersten Zweifel
Qual und Pein.
Glaubst du denn nicht, sprach
sie, an Gott, den Herrn,
Und an den Engel, der dein
guter Stern?
Und gibt dir nicht die
Hoffnung ihr Geleite?
Da sagte ich: mein Engel, der
bist du,
Mein Glauben, meine Hoffnung,
meine Ruh’! –
Doch sprich von Liebe und laß
Gott beiseite.
Apostrophe
Wir sind das trunkne Rasen der
Bacchanten,
Die heilige Verzückung der
Asketen,
Wir sind die Märtyrer und die
Propheten,
Die Wegbereiter und
Vorausgesandten.
Wir sind die Erdennahen und
Emporgewandten,
Der Liebe Wissende und
Exegeten,
Und nur aus uns Erwählten und
Poeten
Brausen die Hymnen, die vom
Geist entbrannten.
Ihr Händler, Wechsler und
Geschäftemacher,
Verhöhnt gefährlichere
Widersacher!
Und ist der Sinn für Wucher
nicht verliehen.
Fälscht weiter Waren, Maße und
Gewichte!
Doch uns gestattet, Rosen und
Gedichte
Dem Schacher mit Gewürzen
vorzuziehen!
Antike Szene
Die Brüste bloß, das blonde
Haar gefacht
Vom Sturm des Fest’s, zu dem
ein Gott geladen,
So irrest du an heiligen
Flußgestaden
Und riefst Adonis! sehnend in
die Nacht.
Dann, tief in Ähren, golden
überdacht,
Sangst du ein Preislied auf
der Ceres Gnaden,
Dann wieder, als die Tollster
der Mänaden,
Gabst du dem Tag der Lenden
nackte Pracht.
ich aber folgte Fackeln und
Gesang
Und hetzte dich, indes ich
brennen fühlte
Vom Gott das Blut, das mich zu
dir hin zwang.
Bis ich dich hielt, mich in
dein Haar verwühlte,
Dein Sträuben auf den Rasen
niederrang
Und meinen Durst an deinen
Lippen kühlte!
Zur Hochzeit
Wenn mit der Liebsten, die
dein Herz erkor,
Du heimlich-fern von Bechern
und Altaren
Des Festes sein wirst und aus
ihren Haaren
Die Myrthe lösest und den
keuschen Flor,
Erschauern wird sie, wissend
kaum wovor,
Und mädchenhafter Angst, es zu
erfahren,
Senken den Blick und holde
Scheu bewahren;
Du aber neigst dich flüsternd ihrem
Ohr:
Sie haben dir den Lohn der
Seligkeit
Für Keuschheit und Gehorsam
prophezeit,
Für Fleischestod und geistige
Kasteiung!
Doch du, mein Weib nun, lös
den bösen Bann
In Lust und Lachen auf! Und
ich, dein Mann,
Will lügenstrafen schnöde
Prophezeiung!
Heloise
O blasse Heliose, o Zeit, wie
weit!
Da fand auch ich in Nächten
deine Zelle,
Und meines Herzens urgeheimste
Schwelle
Erschloß ich dir, die mir
gebenedeit.
Wie schmiegte sich dem
klösterlichen Kleid
Folgsam des Busens
mädchenhafte Welle!
Und wie, durchirrt von Blutes
schneller Quelle,
Bebte dein Wort, dein Leib
Ergriffenheit!
Die grauen, schweren Schatten
müder Lider
Erhielten damals andern, süßen
Sinn:
Nicht Tugend mehr, nur Wonne
immer wieder!
Auf weichem Altar, heitre
Priesterin,
Gabst du das Opfer der
enthüllten Glieder
Lächelnd der Liebe deines
Dichters hin.
Stimme aus einem Grabe der Via
Appia
Ich, der dir ruft, vor
abertausend Jahren
Lebte auch ich und ließ mir
Lust behagen.
Weinlaub und Blüten habe ich
getragen
Beim Tanz der Bacchusfeste in
den Haaren.
Doch nie wie du mit einsamem
Gebaren
Irrt’ ich des Nachts, um
Gräber zu befragen,
Nie hab’ ich grübelnd mich
herumgeschlagen
Mit Jenseitsrätseln, die wir
nie erfahren.
Nie bannte mich dein blasser
Christus-Schemen,
Und lächelnd schied ich zu den
Körperlosen.
Doch du wirst unter Tränen
Abschied nehmen.
In eurer Gottesäcker fahlen
Moosen
Und düsterm Anwuchs nisten
Angst und Grämen;
Auf meinem Hügel aber glühen
Rosen.
Testament
Und wenn ich tot bin, setzt an
meinen Stein
Nicht etwa Myrthen, Efeu und
Zypressen!
Auf Schmuck verzicht’ ich! Der
ist bald vergessen!
Ich will vielmehr: Mein Grab
soll nützlich sein!
Wozu noch Blumen, wenn kein
Hauch, kein Schein
Des Frühlings mehr mich
aufweckt, und indessen
Das Kleid, das Gott der Seele
angemessen,
Verfault, zerfällt: mein
Fleisch und mein Gebein?!
Nein, pflanzt mir eine Rebe,
daß mein Staub
Die Traube nähre und das
Purpurlaub
Der Edelfrucht, die Duft
versprüht und Funken!
So bring’ ich noch als Toter
Dank und Preis
Dem Leben dar und gebe
tropfenweis
Der Welt den Wein zurück, den
ich getrunken!
Wolken
O, weiße Wolken, die ihr hoch
im Blauen
Windhingewiegt wie seidne
Flocken schwebt,
Was will die Angst, die mir
das herz erbebt,
wenn meines Kindes Augen euch
beschauen?
Und Sehnsucht forscht empor zu
blauen Auen,
Nach dem Geheimnis jener
Sphinx bestrebt,
Die, alles wissend, keinen
Schleier hebt
Und uns das Schicksal läßt im
Ungenauen.
Doch, Kind, das Rätsel, das
dort oben webt,
Die Wolken werden’s uns nicht
anvertrauen;
Sie wissen es ja selbst nicht,
ob Gott lebt.
Ich werde sterben, und auch
dir ergrauen
Wird blondes Gold, das jetzt
dein Haupt umschwebt,
Und niemals werden wir die
Wahrheit schauen.
Erlösung
Hinauf, hinauf, wohin uns
steil und weit
Kein Wünschen, noch so kühn
und glühend, trüge,
erhebt sich einst zum
glücklichsten der Flüge
Die müde Seele, vom Gefühl
befreit.
Hinauf, hinauf, wo Sterne
dichtgereiht
Befestigen das glitzernde
Gefüge,
Fliegen wir dann in innigster
Genüge
Wie Fünkchen Lichts in die
Unendlichkeit.
Wir fliegen, fliegen hin zu
ewigem Fest,
Schimmernde Geister, die kein
Erdenrest
Mehr niederzieht zu irdischem
Getriebe.
Versinken wird, was wir
geirrt, gefehlt;
Und wie ein Traum verschwimmt
das Bild der Welt,
Wo Haß ein Balsam war und Gift
die Liebe.
Ausklang
Den Beifall kenn’ ich und den
Hohn der Menge,
Den Schmeichelton und
Faustschlag ins Gesicht,
Weiß um die Gifte, die man
denkt und spricht,
Und um die Ruhe der
Gewissensstrenge.
Ich kenn’ die Blutspur mancher
Leidensgänge,
Und auch den Weg der Freude
mied ich nicht;
Ich schlürfte bis zum Grund
und stell’ nun schlicht
Den Becher hin, an dem ich
nicht mehr hänge.
Und dennoch, wenn ich mich
zurückbesinne
Durchmessnen Weges und
vergangner Zeit,
Werd’ ich in mir nur heitern
Friedens inne.
Ein leichter Rauch, zu Höhen
flugbereit,
Blieb mir die Seele wie vom
Anbeginne,
Und Bechers Neige ist nicht
Bitterkeit.